atelier rainer hagl
    Ursula Blanchebarbe
Mensch und menschliches als Ausdrucksträger

Rainer Hagl stellt das figürlich gestaltete Menschenbild
in den Mittelpunkt seines künstlerischen Schaffens.
Oft sind es isolierte Figuren. Gruppenbilder, in denen
sich Dialoge oder Beziehungen aufbauen, sind ihm zu
erzählerisch. Dabei geht er in seinen Plastiken,
Zeichnungen und Malereien über einen vordergründigen
Realismus hinaus, er vereint und verschmilzt in seinen
Arbeiten scheinbar Unvereinbares: Formen des
historischen Realismus, des Naturalismus und der
Abstraktion und erreicht so Werke von spannungsvoller
Vieldeutigkeit, die eine Interpretation der Wirklichkeit
sind, wie wir sie heute täglich erleben. Kritische
Beobachtung, persönliche Erfahrung, intellektuelle
Auseinandersetzung und künstlerische Intention gehen
eine Verbindung ein, die Arbeiten von eindringlichem
Charakter entstehen lassen. Das zentrale Thema
seiner Darstellungen scheint zunächst die Gewalt und
ihre Auswirkungen auf die menschliche Existenz zu sein,
aber es sind auch sinnliche Figuren voller Lebenskraft
zu finden, die den Gegenpol bilden.

Auszug aus:
Rainer Hagl
Die Anwesenheit der Figur

Herausgegeben von
Kerber Verlag, Bielefeld, 2006

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Rainer Berthold Schossig
Die Anwesenheit der Figur
Neue Bilder von Rainer Hagl

Rainer Hagls neue, bisher noch nie öffentlich gezeigte
Leinwände mit Malerei wecken vielfältige Assoziationen,
werfen existenzielle Fragen auf … und: lassen sie
zugleich sämtlich unbeantwortet! Entstanden sind diese
großen Bilder in den letzten zehn Jahren in der Klausur
von Hagls Kölner Atelier, mittlerweile - kurz vorm
Umzug in ein geräumigeres Studio – ein merkwürdig
klaustrophobischer Ort. Hart aneinandergerückt halten
sich hier ein gut Teil seiner kleineren und größeren
plastischen Arbeiten auf, Gipse und Güsse, Entwürfe
und Fertiges, bemalte oder roh belassene Figuren,
einige platzsparend rücksichtslos übereinander auf
den Boden gestapelt bis knapp unter die Decke.
Andere sitzen bequem auf Bildhauer-Hockern, Podesten
oder rohen Gerüsten – allesamt aber wie in der Schwebe,
in Warteposition. Die Arbeiten sind nur durch wenige
schmale Gänge getrennt, sie bedrängen sich, kommen
sich in die Quere, einander widerlegend oder zustimmend,
steigernd oder in Frage stellend. In stummer und zugleich
kakophonischer Kommunikation befindlich, erinnern sie
an jene Fels-Muränen im Gebirge, von denen die Sage
geht, es seien versteinerte Sünder, die dem Teufel ihre
Seele verkauft hätten. Dazwischen, halb versteckt, ein
großes Vibraphon und ein veritables Schlagzeug, wohin
sich Hagl in den Arbeitspausen immer wieder gern zum
Musizieren und Improvisieren zurückzieht.

Auszug aus:
Rainer Hagl
Die Anwesenheit der Figur

Herausgegeben von
Kerber Verlag, Bielefeld, 2006

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